Datum
07.08.2021
Kategorie
Masterclass
Schlagworte
Pan Selle, Philip Butz ©FraukeKühn
Und was, wenn der Text, an dem ich gerade schreibe, plötzlich klänge? Wenn er von jetzt auf gleich eine Stimme bekäme, ich ihn hören und dann wieder an ihm weiterarbeiten könnte?

Vielleicht waren es diese Fragen, gemischt mit einer guten Portion Neugier und Abenteuerlust, die Nora Schramm aus Köln, Luna Levay aus Bregenz und Tobias March aus Fußach dazu bewegt haben, sich für einen Platz in der Masterclass ’schreiben:hören‘ zu bewerben. Zum ersten Mal haben das neue Theaterfestival Poligonale und das künftige Literaturhaus Vorarlberg in Hohenems mit der Ausschreibung der Masterclass gemeinsame Sache gemacht.

Die Idee war es, das Schreiben und das Spielen zusammenzubringen, junge Stimmen in die Zusammenarbeit mit dem Autor und Regisseur Thomas Welte, der Dramaturgin Christiane Beinl sowie den Schauspieler:innen Pan Selle und Philip Butz einzuladen. Ziel dieser außergewöhnlichen wie intensiven Schreiberfahrung war es, drei Kurztexte entstehen zu lassen, die als Minihörspiele im Rahmen der Poligonale zur Aufführung kommen, begleitet von den Musikern Christopher Lübeck und Dominik Schramm und eingebettet in eine Abschlussdiskussion.

Ausgehend von zwei Impulsfotos begannen Nora, Luna und Tobias mit dem Schreiben ihrer Geschichten, die im Mikrokosmos Auto, auf dem Fußballplatz oder im Friseursalon spielen. In Online-Meetings und vor Ort in der Turnhalle der Volksschule Markt in Hohenems wurden die Texte vorgestellt, diskutiert, geändert, verworfen und zum Teil auch neu verfasst. Luna erinnert sich, wie oft es dabei um das Kürzen – auch von Lieblingspassagen – ging: „Ich liebe lange Sätze, die verschachtelt sind. Thomas meinte immer nur: „Das muss alles raus!“ Ich habe deutlich gemerkt, dass mein Text einen neuen Rhythmus bekommt und dass ich mit den Kürzungen einen wichtigen Raum für die Sprecher:innen öffne, die meinen Text auf der Poligonale-Bühne als Live-Hörspiel lesen.“

Tatsächlich machten Pan Selle und Philip Butz die Texte der Nachwuchsautor:innen schon während der Masterclass und damit mitten im Schreibprozess hörbar. Das Gehörte und das Feedback der Schauspieler:innen, schaffte nicht nur die Grundlage für einen wertvollen Diskurs mit den jungen Schreibenden, sondern inspirierte diese auch noch einmal zur Schärfung ihrer Texte. „Es ist mir wahnsinnig schwer gefallen, auf Knopfdruck witzig zu schreiben, ohne dabei platt oder banal zu wirken. Meinen Text zu hören, hat mir da sehr geholfen, einen besseren Blick für gute Komik zu bekommen und ich konnte manchmal gar nicht glauben, was Pan und Philip aus meinem Text herausgeholt haben‘, erinnert sich Tobias March.

Probe ©FraukeKühn

Ein beglückender Arbeitsprozess für alle Beteiligten, der aber a­uch Mut zum Loslassen voraussetzte, wie Nora Schramm in der Abschlussdiskussion Publikum verdeutlicht: „Die Masterclass hat mir gezeigt, dass in meinen Texten viel mehr Ebenen sind, als ich dachte; dass Schauspieler:innen ihn verstärken, durch ihr künstlerisches Tun aber auch kontrastieren können. Das hat mich überrascht, schenkt mir aber auch eine große Freiheit. Ich habe gemerkt, dass ich nicht für alles verantwortlich bin, was mein Text sein kann. Das werde ich jetzt immer mitdenken, wenn ich schreibe.“

Die Masterclass schreiben:hören ist ein gemeinsames Projekt des künftigen Literaturhauses Vorarlberg und der Poligonale. Festival für zeitgenössisches Theater, mit freundlicher Unterstützung von Kultur im Jetzt!