Gedanken|Strich, Vol. 2 James Joyce
Ich laufe die Straße entlang. Vor mir huscht eine Katze vorbei. Ich bleibe stehen und verfolge ihren Weg mit meinen Blicken. Sie schlüpft in das nächste Gebüsch. Ich setze mich wieder in Bewegung und erkunde weiter die Straßen von Feldkirch. Ein interessanter Ort. Viele Menschen gibt es hier, die auf engem Raum zusammenleben. Fast so, wie bei uns in Dublin. Doch diese Stadt ist um ein Vielfaches kleiner.
Ich setze mich in ein Café und nehme den Brief meines Enkels Stephen heraus. Er schreibt mir, wie gut es ihm gehe und dass er in der Schule wieder einmal frech war. Ich muss lachen, als ich lese, wie er das Erlebte mit seinen eigenen Worten und in kindlicher Sprache schildert. Der Briefkontakt mit ihm erhellt mir dunkle Stunden. Und hier in Feldkirch ist es leider oft dunkel, sowohl draußen als auch in meinem Inneren. Ich bin viel allein. Manchmal genieße ich es richtig, durch die Straßen zu schlendern und meinen Gedanken nachzuhängen, ohne dass irgendjemand diesen Fluss unterbricht. Doch manchmal zerreißt es mich beinahe, dass ich mich mit niemandem austauschen kann.
Die Menschen hier sprechen schlechtes Englisch und würden nicht verstehen, was ich ihnen mitteilen möchte. Denn meine Fantasie ist bunt und voluminös und ich kann das Gedachte nicht in einfache Worte verpacken. Es muss so fantastisch klingen, wie es in meinem Kopf aussieht. Sprache ist so vielseitig und wandelbar. Man kann so vieles mit ihr tun. Doch wenn dich niemand versteht und du ganz allein bist mit deinem Geist, dann kann das auch zu viel werden. Dieses Problem ist keines, das ich nur hier habe. Zu Hause in Irland verstehen mich die Leute ebenfalls oft nicht, wenn ich mich mit ihnen unterhalte. Sie kommunizieren zwar in derselben Sprache wie ich, doch meine Sprache sprechen sie nicht. Oft bin ich allein in meinem Gedankenhaus. Es findet kein Austausch mit der Außenwelt statt, der für mich zu einem befriedigenden Ergebnis führt. Doch das muss sich ändern.
Mein Enkel ist ein erster Schritt in diese Richtung. Er schreibt mir Briefe, die mich in meiner Gedankenfestung erreichen. Ich lasse meine Brücke hinunter und ihn eintreten in meinen Kopf, meinen Geist – mein Reich. Er bringt mich dazu, meine Sprache zu vereinfachen und sorgt dafür, dass ich das, was ich denke, so ausdrücke, dass er mir folgen kann. Denn mit ihm kommunizieren zu können ist für mich wichtig.
Für ihn mache ich mich auch immer auf die Suche nach Katzen. Egal wo ich bin, ich halte Ausschau nach den flauschigen Vierbeinern und erzähle ihm fantastische Geschichten über sie. Ach! Da hinten sitzt ja schon wieder eine! Ich gehe schnell hinüber und schaue, was sie mir so zu erzählen hat.