Datum
10.01.2023
Kategorie
writers:class
Schlagworte
©Frauke Kühn

Die writers:class an der MS Hasenfeld in Lustenau startet schreibend ins neue Jahr

Im Hintergrund läuft ruhige Musik, hier und da hört man das leise Klappern von Tasten auf Laptops, Stifte fahren Zeile für Zeile über Papierseiten in schon leicht lädierten Collegeblöcken. Die Klasse 3c an der Mittelschule Hasenfeld in Lustenau startet als eine von insgesamt fünf Vorarlberger writers:classes den ersten Schultag nach den Weihnachtsferien mit dem automatischen Schreiben. „Ihr kennt das ja schon, schreibt für die nächsten fünf Minuten alles auf, was euch durch den Kopf geht. Wichtig ist, dass ihr den Stift nicht absetzt, sondern einfach durchschreibt.“ Mit diesem Satz gibt die Autorin Katy Bayer, die die Klasse nach den Autoren Muhammet Ali Baş und Jürgen Thomas Ernst in ihrem dritten Jahr als writers:class begleitet, den Startschuss für die Übung. Tatsächlich ist das automatische Schreiben, das den inneren Kritiker ausschaltet, bis die Gedanken aus dem Kopf endlich ungefiltert und unzensiert aufs Papier fließen, eine liebgewonnene Übung bei den Jugendlichen. Was dabei aufs Papier kommt, ist nicht selten sehr persönlich und bleibt deshalb immer geheim. Es geht darum, sich der Gedanken, die durch den Kopf kreisen, bewusst zu werden und sie auf dem Papier abzulegen.

Wo und wie man Ideen findet

Gleichzeitig verstecken sich in diesen besonderen Texten nicht selten kleine Ideen, poetische Fügungen und immer wieder auch große Themen für Kürzestgeschichten, Gedichte oder Dialoge, die geschrieben werden wollen. Aber wo findet man eigentlich sonst die Ideen, über die man schreiben kann? „Naja, man kann einfach nachdenken!“, ist sich Kimi (13) sicher. Klar, kann man das! Wenn das aber nicht weiterhilft, darf man auch zu kleinen Tricks greifen. Deshalb hat die erfahrene Poetry Slammerin Katy Bayer heute Postkarten, Zeitungsüberschriften und kurze Sätze mitgebracht. Die Schüler:innen greifen zu und machen sich auf die Suche nach den Geschichten, die sich hinter den Postkarten oder Überschriften wie Der unheimliche Stern, Sehnsucht nach dem Strand oder auch Der Zauberwald verbergen. Kimi hält es dabei nur schwer an seinem Computer, er ist dafür umso intensiver im Austausch mit seinem Mitschüler Lorenz. Wer von außen schaut, mag meinen, die beiden albern rum. Stimmt auch. Aber plötzlich macht Kimi eine Rapper-Pose und ruft: „Ich hab’s. Ich schreib jetzt die Geschichte, von einem, der aus dem Koma aufwacht. Voll! Das mache ich. Jetzt hab‘ ich’s.“

Aus den drei Themen vom Anfang, den Postkarten und Zeitungsüberschriften wählen jetzt auch die anderen Schüler:innen eine Idee aus, die sie am meisten inspiriert und über die sie einen Text schreiben möchten. Im Klassenzimmer, wo es bis eben noch sehr lebendig und wuselig war, wird es jetzt still. Als hätte es ein geheimes Signal gegeben, tauchen alle Schüler:innen in der Klasse in das konzentrierte Schreiben ein. Katy Bayer und die beiden Lehrerinnen Birgit Schwarzmann-Sohm und Helga Riedmann helfen bei Blockaden, stellen die richtigen Fragen, wenn der Schreibprozess stockt, bestätigen, lenken den Blick auf Details, ermutigen, diese auszuarbeiten, sie denken mit. Die Jugendlichen schreiben, schweigen, flüstern, bleiben dran, setzen nicht ab. Die Phase dauert nicht ewig, nach knapp 20 Minuten kehrt alle Lebendigkeit der Teenager zurück, aber es sind auch Geschichten, Spannungsbögen, Figuren, Welten oder Cliffhanger entstanden, aus denen das kreative Ich und die Sprache der Schüler:innen hervorblitzen.

Danke an die Marktgemeinde Lustenau, unseren inspirierenden Lustenauer Kooperationspartner W*ORT, natürlich an Katy Bayer und an die Kolleg:innen der MS Hasenfeld für diese so wunderbare Zusammenarbeit!