Seek&Read: Samuels Buch – Kapitel 4
Eine Spukgeschichte für Fortgeschrittene. Nichts für schwache Nerven.
geschrieben von Irmgard Kramer. Illustration: Marek Bláha.
HINWEIS: ALTERSEMPFEHLUNG dieser Geschichte liegt bei 12 Jahren!
Herzlich willkommen bei Seek&Read – einer literarischen Schnitzeljagd durch Hohenems.
Schön, dass du uns gefunden hast. Du befindest dich auf einem kleinen Abenteuer, denn dieser Weg führt dich nicht nur durch eine schöne Landschaft, sondern auch durch eine spannende, an manchen Stellen vielleicht sogar gruselige Geschichte, geschrieben von Irmgard Kramer.
Du wirst auf diesem Weg insgesamt zehn QR-Codes finden, schau genau, denn manche sind versteckt. Solltest du zufällig über einen QR-Code gestolpert sein und du befindest dich inmitten der Geschichte, ist das kein Problem, denn hier beginnt das Abenteuer mit der Einführung und führt dich von der Villa Franziska und Iwan Rosenthal weiter in die Hohenemser Natur.
Viel Spaß bei Seek&Read,
Dein Literaturhaus Vorarlberg
Und jetzt geht es weiter…
4. Die erste Bank auf dem Weg zur Ruine
Wir zückten unsere Taschenlampen, gingen bergauf und machten Lärm wie eine ganze Schulklasse. Ich hasste es prinzipiell aufwärtszugehen, diesmal besonders, weil wir eine Menge Zeug zu schleppen hatten – die Schlafsäcke, den Proviant und das alles, aber keiner von uns traute sich vor Fée zu jammern, also tappten wir wie die Lämmer hinter ihr her und scherzten herum, laut und übermütig, weil wir nicht zugeben wollten, dass es schon ein wenig unheimlich war. Der Wald verwandelte sich in ein lebendiges Wesen, wispernd und atmend, schnaufend und knackend. Schatten krochen auf uns zu und griffen nach uns. Um unsere Füße kreuchte und fleuchte es. Bäume schlugen ihre Äste über unseren Köpfen zusammen. Kies knirschte. „Huu-hu-huhuhuhuu“, machte ein Kauz. Auf einmal begann es zu stinken. Pip meinte, es sei Kotze oder ein verwesender Iltis. Jacke tippte auf Leiche oder Mumie. Ich fand, es stank eher nach … fauligen Pilzen. Richtig ekelhaft. Ein Gestank, bei dem sich einem der Magen umstülpte, noch ehe man wusste, was es war.
„Was ist denn jetzt los?“ Pip schüttelte seine Taschenlampe. „Ich habe doch extra neue Batterien reingegeben.“ Auch bei meiner wurde das Licht mit jedem Schritt schwächer. In der nächsten Kurve gaben alle vier Lampen den Geist auf. Gleichzeitig.
„Scheiße.“ Ich hob die Hand vor meine Augen und sah nichts. Nada. Ende Gelände. Aus die Maus. Es war so dunkel, als hätte uns jemand in einen Sack aus schwarzem Samt gesteckt, ihn zugeschnürt und uns in einen Brunnen geworfen.
„Vielleicht ein elektrisches Feld“, vermutete Fée. „Boah, und wie das hier stinkt.“ Wir hielten uns die Ärmel vor die Nasen und würgten vor uns hin. Fée war rechts von mir. Ich ertastete ihren Arm. Links stand noch jemand mit rasselndem Atem. „Pip, bist du das?“, hörte ich mich japsen.
„Nein, ich bin hier!“, würgte es zu meinen Füßen.
„Dann bist das du, Jacke?“, fragte ich und musste schlucken.
„Ich bin hier“, hörte ich ihn sagen und erkannte, dass er schon etliche Meter vorausgegangen war. Mir gefror das Blut in den Adern.
Wer … oder was stand dann neben mir? Das Wesen keuchte wie ein Lungenkranker aus dem letzten Loch. Meine Hand zitterte, als ich etwas ertastete … eine Schulter … eine feuchte Schulter, wie von einem Menschen, aber … von Pilzen überwuchert. Noch nie hatte ich mich so geekelt. Ein Schrei kam aus der Tiefe meiner Brust. Ich hatte nicht gewusst, dass ich fähig war, so schrecklich zu schreien. Mein Herz wollte mir aus der Brust springen. Fühlte sich so ein Herzinfarkt an? Ich weiß nicht mehr, wie ich es schaffte, aber irgendwie rettete ich mich zur zweiten Bank, ohne zu sterben.
Falls du dir nicht in die Hose gemacht hast, findest du dort den nächsten Code.
Du musst deine Schnitzeljagd leider frühzeitig abbrechen? Hier geht es zum 5. Kapitel.